Der Feind ist über´n Rhein geschlagen
- Lieder aus den Befreiungskriegen -
Diese Zeitreise befasst sich mit einem nur kurzen, jedoch sehr bedeutenden Abschnitt der deutschen Geschichte, dem Befreiungskampf der Deutschen gegen die Unterdrückung durch das napoleonische Frankreich. Fast alle Lieder stammen aus der Zeit zwischen dem Russlandfeldzug Napoleons 1812 und dem Ende der napoleonischen Herrschaft 1815. Das zentrale Ereignis dieser Phase ist die Völkerschlacht bei Leipzig 1813, denn danach ist "der Feind [...] über´n Rhein geschlagen", also die französische Vorherrschaft über Deutschland beendet. Wobei es "Deutschland" im Sinne eines Nationalstaates zu dieser Zeit nicht gibt, denn das einheitliche Nationalgefühl der Deutschen entsteht eben erst im Kampf gegen Napoleon und davon erzählen die Lieder.
Dichter wie Theodor Körner, Ernst Moritz Arndt und Max von Schenkendorf rufen mit ihren Texten zum einheitlichen Widerstand gegen die napoleonische Unterdrückung auf. Zu diesem Zweck betonen sie das Zusammengehörigkeitsgefühl der Deutschen und manchmal wird dabei das Französische als generell schlecht abgewertet. Später, nach dem Sieg über Napoleon, wird dann die nationale Einheit als Bedingung für die Zukunft Deutschlands beschworen. Dieser Idee und dem daraus folgenden Wunsch nach einem deutschen Nationalstaat trat dann 1815 der Wiener Kongress entgegen, auf dem mit dem Deutschen Bund eine nur lockere Verbindung von Staaten entstand, welche die Ideale von nationaler Einheit und politischen Freiheitsrechten unterdrückten.
Die Lieder geben einen guten Einblick in die Entstehung des deutschen Patriotismus. Spätere Entwicklungen, die den deutschen Nationalismus grenzenlos übersteigerten, sind besser verstehbar, wenn man auf den Ursprung sehen kann. In einer Kriegssituation im Kampf gegen eine ausländische Macht entstanden trägt der deutsche Nationalismus dies als Belastung mit sich und bis heute tun sich viele in Deutschland schwer mit der eigenen Nationalität - auch wenn dies natürlich zuerst mit dem verbrecherisch übersteigertem Nationalismus der NS-Zeit zusammenhängt. Der nach den Befreiungskriegen folgende Kampf gegen die unterdrückende Herrschaft der eigenen Fürsten ist leider viel weniger prägend für den deutschen Nationalismus: hier hätte leichter ein deutsches Selbstbewusstsein entstehen können, das sich nicht von anderen abgrenzt oder sich gar über andere stellt.
Wegen dieser Zusammenhänge ist "Der Feind ist über´n Rhein geschlagen" auch eine konstruktive Auseinandersetzung mit der eigenen deutschen Nationalität, auf der Suche nach einem gesunden Patriotismus in klarer Abgrenzung zum Hurra-Patriotismus oder gar zu einem National-Faschismus, aber ebenso auch in Abgrenzung zu einer nationalen Selbstverleugnung: das ist die "Freiheit, die ich meine" (Max von Schenkendorf).